Feral Interactive war dieses Jahr sehr fleißig und hat auch das Stealth-Spiel «Deus Ex: Mankind Divided» der bekannten Spieleserie erstmals für die Linux-Plattform verfügbar gemacht. Im Test prüfen wir, ob Adam Jensen auch dieses Mal überzeugen kann.

Deus Ex: Mankind Divided erschien für Linux am 3. November 2016, während der vorgängige Windows- und Konsolenrelease nicht lange her, am 23. August 2016 stattfand. Damit zählt das neuste Deus Ex zu einem der am schnellsten portierten Triple-A-Spiele für Linux.

Ob sich der Kauf für noch unschlüssige Linux-Spieler lohnt und welche technischen Herausforderungen dieses Deus Ex mit sich bringt, zeigt unser Test.

Handlung

Deus Ex spielt wie gewohnt in der fernen Zukunft, auch wenn sie dieses Mal gar nicht so weit entfernt liegt. Hauptschauplatz ist die Stadt Prag im Jahr 2029, welche von Rassismus und Terror heimgesucht wird. Adam Jensen arbeitet nach seinem Job als Sicherheitschef bei Sarif-Industries nun bei der Spezialeinheit Taskforce 29 und kümmert sich dort um die Verfolgung einer terroristischen Gruppe aus Augmentierten. Mehr möchten wir hier aufgrund der Vermeidung von Spoilern nicht preisgeben.

Unser einziger Kritikpunkt ist das doch etwas abrupte Ende, welches leider zu viele Fragen unbeantwortet lässt. Auch könnte man der Handlung vorwerfen etwas wenig vorangetrieben zu werden und nur Nebengeplänkel zu sein. Die Handlung hat definitiv ihre Momente, jedoch sind wir nicht jede Sekunde gespannt an den Bildschirm gefesselt.

Die (Haupt-)Story wird hauptsächlich in Dialogen und toll inszenierten Zwischensequenzen in den einzelnen Missionen erzählt. Wer jedoch tiefer in die Handlung eintauchen möchte – und das sollte man, da Deus Ex davon lebt – der sollte die zahlreichen Nebenmissionen erledigen und ein wenig die Augen offen halten. Oft erfährt man neben spielerischen Hinweisen auch Hintergründe zur Handlung und weitere Details. Mal erhalten wir diese Informationen durch Gespräche mit NPCs, mal über Email-Chats, auf welche wir Zugriff über unsere Hacking-Skills bekommen haben, ein anderes Mal über herumliegende PDAs.

Die Story ist serientypisch gerade für Anfänger ein wenig undurchsichtig. Da hilft leider selbst die ausführliche Zusammenfassung am Anfang leider nur bedingt weiter. Es ist daher bestimmt hilfreich den Vorgänger noch einmal zu spielen, was durch Wine ja nun auch unter Linux möglich ist. Richtig gut hingegen gefallen uns die Zwischenzusammenfassungen in den Ladepausen. Perfekt um sich nach einer längeren Spielpause noch einmal durchzulesen um was es noch gleich geht.

Spielwelt und Rassismus

Durch den Angriff der Illuminaten auf Augmentierungen von Optimierten im Vorgänger, geht seither ein starker Bruch durch die Gesellschaft. Wo früher diverse Verbesserung des eigenen Körpers sehr stark im Trend lagen, hat sich nun das Blatt gewendet. Wer Augmentierungen besitzt, wird ausgestoßen, ausgegrenzt und häufig in Slums gesteckt. Zu allem Überfluss teilt die Prager Polizei diese Einstellung und ist ebenso gegen die Optimierten. Es ist erstaunlich wie gut Eidos Montreal dies darzustellen gelungen ist. Schon in der ersten Minute in Prag werden wir schockierend mit der Thematik konfrontiert. Nachdem die tschechische Hauptstadt im Spiel sehr lebendig ist, sehen wir an jeder Ecke Auseinandersetzungen von Augmentierten und der Polizei. Jensen ist selbstverständlich auch ein Optimierter, wodurch auch wir am eigenen Leib diese Erfahrungen machen müssen.

Gameplay

Deus Ex spielt sich wie gewohnt sowohl als Stealth-Spiel als auch als Shooter. Dank des Weglassens von unnötigen Bosskämpfen (ja ich meine dich „Human Revolution“) ist es nun auch möglich komplett auf Kills zu verzichten. Ebenso gibt es jetzt mehr Augmentierungen für die Leute, welche eher brachial vorgehen (wollen), auch wenn der Fokus des Spieles immer noch auf dem Schleichen liegt. Mal davon abgesehen, dass es oft deutlich einfacher ist die Gegnermassen zu umgehen, als überflüssige Konfrontationen einzugehen. Neben dem heimlichen Ausschalten und Umgehen von Feinden, sind bewährte Tools wie der Sozial-Optimierer und unser Hacking-Modul mit von der Partie.

Für Deus-Ex-Neulinge: Mit dem Sozial-Optimierer können wir gezielt unseren Kontrahenten beim Gespräch analysieren und so unsere Antwort gezielt für die Person einsetzen um beispielsweise eine bestimmte Information aus ihm herauszuquetschen. Im Vorgänger konnten wir so bereits einen sinnlosen Kampf in einer Polizeistelle umgehen, indem wir den Polizisten am richtigen Punkt getroffen haben. Das Hacking-Modul gibt uns – wie der Name verrät – die Möglichkeit unbefugten Zugriff auf Türen und Computern zu erlangen und uns so einen Vorteil zu verschaffen. Auf den Computern liegen dann beispielsweise Informationen zur Story, Zugangscodes für Türen oder die Steuerungssoftware zum neben an liegenden Geschützturm.

Insgesamt stehen uns also eine Vielzahl an Augementierungen zur Verfügung, welche uns helfen den Weg zum Ziel zu bahnen. Freischalten tun wir diese über Erfahrungspunkte, welche wir bei Missionen und bestimmten Aktivitäten erhalten. Schaffen wir es beispielsweise an Gegnern vorbeizukommen, ohne dass uns diese bemerken, bekommen wir einige Extrapunkte. Dieser Bonus hält sich jedoch in Grenzen, das heißt auch Rambo-Spieler bekommen fast die gleiche Anzahl an Erfahrungspunkten.

Das Gameplay ist eindeutig die größte Stärke von Deus Ex. Durch das Open-World Konzept, das Erforschen der Spielwelt, die unzähligen Missionen und die verschiedenen Herangehensweisen, findet jede Spielart und jeder Spieltyp etwas. Die einzelnen Mechaniken arbeiten Zahn in Zahn super zusammen, wodurch ein rundes Gesamtpaket entsteht.

Grafik

Das Spiel nutzt die Dawn Engine, welche eine weiterentwickelte Glacier-2-Engine ist, und zudem für das aktuelle Hitman (2016) benutzt wurde. Dadurch erklärt sich neben den hohen Systemanforderungen auch die hervorragende Darstellung der Spielwelt.

Kurz gesagt: Auch Deus Ex sieht fantastisch aus. Überzeugen tun vor allem die tollen Licht- und Schatteneffekte und der umgebungsfüllende Nebel/ Rauch in den Straßen Prags und den Gebäuden. Wie heißt es so schön, es kommt nicht auf die Polygonenanzahl, sondern auf die Shader an. Genau hier setzt Deus Ex an und stellt die Texturen durch stimmige Beleuchtung ins Rampenlicht. Die Grafik erzeugt genau das, was sie soll, die Stimmung einer düsteren Zukunft, welche geprägt ist von Angst, Hass, Terror, Polizeigewalt und Rassismus.

Sound

Neben der Grafik kann Deus Ex auch klanglich verwöhnen. Wie bereits im vorherigen Teil besitzt das Spiel wieder einen ausgezeichneten Soundtrack. Die Soundeffekte passen zum Zukunfts-Setting und die Stimmen der Sprecher sind auf gewohnt hohem Niveau. Einzig in den Story-DLCs haben wir 2 kleine Pannen bemerkt. Einmal wurde versucht einen Akzent zu erzeugen, welcher jedoch eher nach einer fehlerhaften Übersetzung klang, ein anderes Mal war die Stimme von Adam Jensen in der Zwischensequenz falsch.

Technik

Würde man an dieser Stelle schon aufhören und mit dem Fazit beginnen, dann wäre Deus Ex ein nahezu perfektes Spiel. Kommen wir zum unschönen Teil, der Technik. Das Deus Ex nicht gerade schlecht aussieht und auch nicht gerade leistungsarm ist, ist zwar bekannt, dennoch ist die Performance (vor allem in den Stadtgebieten von Prag) oft leider schlecht.

Angefangen haben wir mit einem Testsystem mit dem Nvidia 970M Grafikchip, welcher laut Bestätigung Feral Interactives ausreichend zum Spielen sein soll. Auf den niedrigsten Einstellungen konnten wir so anfangs halbwegs ordentlich spielen, bis man in die Stadt Prag kommt. Ab hier ruckelt und zuckelt es nur noch, und die Frames droppen bis unter 30. Wir dachten uns, es könnte an der alten Grafikkarte und den Treiber liegen. Trotz anschließender Verwendung einer Nvidia GTX 1080 (ja das ist das aktuellste Stückchen Hardware von Nvidia) und unterschiedlicher Treiber, hatten wir dennoch in den Städten stellenweise unter 40 FPS. Das muss nicht sein, das sollte nicht sein.

Die Frage die man sich natürlich sofort stellt: Wen trifft die Schuld hierfür? Nun ja, auch hier scheint es wieder so, als könnte Feral Interactive nur bedingt dafür etwas. Die ursprüngliche DirectX-11 Rendering Pipeline, für welche das niederländische Unternehmen Nixxes verantwortlich zeichnet, lief auch nicht besonders gut, wurde aber nach der DirectX-12 Implementierung verbessert. Durch die typischen Verluste des Ports von DirectX auf OpenGL gehen dann natürlich wieder ca. 20 FPS verloren, welche leider im Spiel fehlen.

Wir wünschen uns für die Zukunft Spieleportierungen, welche die neue Grafikschnittstelle Vulkan unterstützten, um so die Verluste möglichst gering und die Performance möglichst hoch zu halten. Leider wird Feral Interactive Vulkan aber erst bei Spielen ab 2017 und nicht mehr bei Deus Ex implementieren, wie uns das Unternehmen mitteilte. Ferner stören noch die ewigen Ladezeiten, bei welchen man wirklich die Zeit hat andere Dinge zu erledigen. Mit einer schnellen SSD kann man diese Probleme recht gut aus dem Weg gehen, dennoch gibt es hierfür Abzüge, da nicht jeder im Besitz einer SSD ist.

Fazit

Deus Ex setzt den richtigen Fokus auf das Gameplay, verspielt aber dafür ein paar Chancen bei der Handlung. Hardcore Storyfans könnten ein wenig von der fehlenden Tiefgründigkeit enttäuscht sein, für alle restlichen Spieler ist dies jedoch weniger dramatisch. Größter Negativpunkt ist leider die Technik. Durch den schlechten DirectX-Port fehlt hier der Puffer in den hohen Framerates, welcher sonst als Ausgleich der Verluste des OpenGL-Ports dient.

Review Übersicht
Handlung
80 %
Gameplay
95 %
Grafik
90 %
Sound
85 %
Technik
70 %
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Neben Games4Linux mache ich gerne Videos auf YouTube und interessiere mich für verschiedene Themen rund um Server, Netzwerke und IT-Security.

3 KOMMENTARE

  1. Ich weiß nicht, ob es immer noch so ist, aber zumindest direkt am Anfang konnten ausschließlich nVidia Grafikkarten unter Linux verwendet werden. Das sollte zumindest erwähnt werden!

    Mfg Kae

    • Hallo Kae,
      ja, das stimmt leider. Aktuell werden die AMD-Grafikkarten überhaupt nicht unter Linux unterstützt.
      Siehe: https://www.feralinteractive.com/en/linux-games/deusexmd/requirements/
      Dadurch gehen wir auf die AMD-Grafikkarten oft nicht ein, da diese zu Release meist nicht (fehlerfrei) funktionieren und wir in der Redaktion keine AMD-Grafikkarten besitzen. Davon abgesehen stimme ich dir natürlich voll und ganz zu, dass wir leider zu wenig auf diese Grafikkarten eingehen. Gerade Nvidia hat sich im Linux-Gaming-Bereich bedauerlicherweise fast schon etabliert, wodurch wir den umständlichen Weg über AMD-Grafikkarten und deren fehlenden/ verspäteten Support von Spielen oft aus redaktionellen Gründen umgehen müssen.

      Wir hoffen dir hat unser Review dennoch gefallen.
      Auch nehmen wir aber deine Kritik zu Herzen und werden beim nächsten Mal darauf eingehen.

      Viele Grüße
      Konstantin

      • Es sind Performance-Patches für Mesa unterwegs, die bis zu 70% mehr FPS bei DE:MD bringen sollen: phoronix.com/scan.php?page=news_item&px=RadeonSI-DeusEx-MD-70

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