Erfreulich: Es gibt inzwischen über 3.000 Linux-Spiele auf Steam und es erscheinen täglich mehr. Doch was ist mit älteren Titeln, deren Publisher kein Interesse an einem Linux-Port haben? Manchmal gibt es Alternativen: OpenMW, zum Beispiel. Hallo Morrowind!
Dies ist ein Beitrag unseres Lesers Alex. Wir bedanken uns herzlich für deinen Leserbericht und nicht zuletzt für deine Geduld! 🙂
Ältere Spielehits werden kaum auf Linux portiert
Linux ist als Gamingplattform immer noch recht neu. Immerhin seit 2013 braucht man sich als Linux-Gamer um Spielenachschub kaum Sorgen zu machen. Problematisch hingegen sind ältere Spiele: Titel aus den Jahren vor 2013 gelangen nur in seltenen Fällen in die Hände eines bekannten Portierers, der dann – wie im Falle von Star Wars: Knights Of The Old Republic – das Spiel auf weitere Plattformen (Linux, OS X) bringt. Mitunter kommt es aber auch vor, dass Engines älterer Spiele für die Öffentlichkeit freigegeben werden, wie beispielsweise die idTech-Engine, deren Quelltext inzwischen bis zur vierten Inkarnation als Open Source veröffentlicht wurde
Häufig greifen ambitionierte Spieler auch zu Projekten wie WINE oder DosBox, um ältere Titel auf ihrer Lieblingsplattform zu genießen. In diesem Artikel geht es jedoch um etwas völlig anderes: Von der Community entwickelte und gepflegte Nachbauten am Beispiel OpenMW.
Engine ersetzen, klonen statt portieren
Dabei handelt es sich um den umgekehrten Vorgang wie beim Modding. Hier werden nicht für ein vorhandenes Spiel neue Inhalte erstellt, sondern eine neue Engine für die Inhalte eines bestimmten Spieles bereitgestellt.
Mit OpenRA können zum Beispiel Linux-Gamer seit einiger Zeit den Strategieklassiker Command & Conquer – Alarmstufe Rot auf ihrer bevorzugten Plattform nutzen.
Morrowind nativ für Linux mit OpenMW
Mit OpenMW ist vor geraumer Zeit ein solches Community-Projekt auch für das Open World-Rollenspiel The Elder Scrolls III: Morrowind entstanden. Parallel zu OpenMW wird mit OpenMW-CS ebenfalls ein freier Ersatz für den Editor des Spiels entwickelt, um kreativen Moddern eine moderne Entwicklungsplattform zu bieten.
OpenMW installieren
Die Installation unter Linux gestaltet sich für die gängigsten Distributionen denkbar einfach, denn OpenMW ist bereits in einigen Repositories vorhanden. Für die Installation unter Debian 10 GNU/Linux „Buster“ müssen z.B lediglich die Contrib-Paketarchive freigeschaltet werden, damit das Paket wie gewohnt über die Paketverwaltung installiert werden kann. Die in den Distributions-Repositories enthaltenen Pakete sind meist etwas älter. Wer immer die neueste Version spielen möchte kommt um etwas mehr Aufwand nicht herum.
Die letzte offiziell erschienene Version zu OpenMW ist Stand Oktober 2017 v0.42.0. Auf der Downloadseite des OpenMW Projektes gibt es zahlreiche weitere Installationsoptionen für verschiedene Distributionen. Angefangen bei einem Ubuntu PPA, über ein Git-Repository mit den neuesten Sources, bis hin zum Tar-Archiv zur Installation unter beliebigen Linux Systemen ist dort einiges vertreten.
Original-Dateien von TES3: Morrowind müssen vorhanden sein
Um Morrowind auch tatsächlich mit dieser Re-Implementierung spielen zu können, sind die Original-Dateien des Spiels «The Elder Scrolls III: Morrowind» von 2002 notwendig. Diese können mit Hilfe des OpenMW-Installers entweder von den Retail-CDs, der Steam-Bibliothek, oder einer bestehenden Morrowind-Installation importiert werden. Die Daten-Dateien der offiziellen Erweiterungen Tribunal und Bloodmoon können ebenfalls auf diesem Wege installiert werden.
Inoffizielle Erweiterungen und Mods dürfen nachträglich über den Launcher aktiviert werden, sofern sie nicht von externen Tools und Patches, wie dem Morrowind Script Extender oder dem Morrowind Code Patch abhängig sind.
Das Team arbeitet bereits an einer Liste kompatibler Mods und bewegt die Entwickler zum Umzug auf die neue Engine.
Die niedrig erscheinende Versionsnummer kann leicht den Eindruck erwecken, die Engine befände sich in einem sehr frühen Stadium. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die meisten für die Version 1.0 geplanten Features sind schon vorhanden. Tatsächlich lässt sich TES3: Morrowind zusammen mit den beiden offiziellen Erweiterungen Tribunal und Bloodmoon bereits damit spielen.
Die Performance dieses Nachbaus hat sich, seit für das Rendering auf OpenSceneGraph statt auf Ogre3D gesetzt wird, drastisch verbessert. Mit einer Radeon HD7850 in einem Ryzen 1800X-System gibt es keine Einbußen mehr, zuvor musste noch mit Bildraten unter 30FPS im Freien gerechnet werden. Der Wechsel brachte jedoch auch Nachteile mit sich, auch in Version 0.42.0 fehlen nach wie vor die Schatten.
Spielt sich OpenMW wirklich wie Morrowind?
Wer Sehnsucht nach der schönen Vulkaninsel Vvardenfell hat, findet in OpenMW ein durchaus spielbares Erlebnis, ohne auf die mittlerweile 15 Jahre alte originale Technologie zurückgreifen zu müssen. Es gibt bis auf den einen oder anderen verwirrten NPC, oder hier und da mysteriöse Slowdowns in den Aschlanden kaum noch nennenswerte Probleme in der aktuellen Version, die ein Durchspielen unmöglich machen würden.
Morrowind im Koop Multiplayer mit TES3MP
Wer keine Lust hat, alleine durch Morrowind zu questen, sollte sich das Schwesterprojekt TES3MP ansehen. Da die Chancen auf ein kooperatives Elder Scrolls-Erlebnis abseits von TESO (The Elder Scrolls Online, das MMORPG von 2014 im TES-Universum, Anm. der Redaktion) mit Hilfe von Mods, Hacks und Patches eher gering waren, haben ein paar Entwickler OpenMW geforkt und arbeiten an einem Multiplayer-Modus, der in Zukunft sogar ein Teil von OpenMW werden könnte.
Die Version 0.6.0 von TES3MP hat mit funktionierender NPC-Synchronisation auf allen Clients bereits einen wichtigen Meilenstein erreicht.
Ich hatte jetzt auch die Gelegenheit, TES3MP etwas ausgiebiger zu testen. In der aktuellen Version 0.6.1 ist es zwar grundsätzlich spielbar, aber es funktionieren noch einige wichtige Dinge nicht, wie bspw. die Synchronisation von gecrafteten Gegenständen, Zaubern oder verzauberten Waffen. Zusätzlich dazu gibt es noch Fehler bei Eskortierungsmissionen und der Hauptquest. Die gemeinsame Interaktion mit der Welt macht trotz all der Dinge, die noch fehlen, Spaß. Wer also einfach nur experimentierfreudig ist und auch nicht davor zurückschreckt, Fehler mal mit der Konsole zu umschiffen, kann gerne loslegen.
Die Einrichtung eines TES3MP-Servers ist allerdings etwas umständlich 🙂