Der Pulverdampf verzieht sich noch, die Schiffswände krachen aneinander, die ersten Musketensalven pfeifen uns um die Ohren, während wir uns zum Entern bereit machen. Noch einmal durchatmen, und dann gehts los. Mit den Entermessern zwischen den Zähnen springen wir an Bord von ManO’War Corsair: Naval Battles.

Seit dem 15.04.2016 befindet sich Man O’War: Corsair im Steam Early Access. Linux Support wurde zwischenzeitlich von den Entwicklern ausprobiert, was im September 2016 nach einer Twitter-Nachfrage eines Users öffentlich bestätigt wurde. Am 17.03.2016 antwortete Evil Twin Artworks dann erneut nach einer Nachfrage über Twitter, dass eine Linux Version des Spiels existiere, und man diese am Tag zuvor auf einer Steam Machine gespielt habe. Wenige Stunden später wurde diese Version dann auch schon im Early Access veröffentlicht. Unser Wunsch nach einer Testversion stieß sofort auf offene Ohren, wofür wir uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bei Evil Twin Artworks bedanken möchten. Nach ein paar Early Access typischen Problemen, die aber sofort nach unserem Bug Report behoben wurden, erfolgte der Stapellauf und gleich darauf unsere Feuertaufe. Was wir dabei zu sehen bekamen, was wir von dem Spiel erwarteten, und ob diese Erwartungen erfüllt wurden, das soll, und wird hoffentlich der folgende Artikel beleuchten. Dass unser Early Access Bericht am Release Tag der Vollversion veröffentlicht wird, war so eigentlich auch nicht geplant, aber wir lassen uns ja gern überraschen 🙂

Warhammer Fantasy

Den Hintergrund zu Man O’War Corsair bildet das seit Ende der 90er aus dem Handel verschwundene Tabletop-Spiel Warhammer Man O’War, welches in der Warhammer Fantasy-Welt Flottenkämpfe mit Segelschiffen ermöglichte. Besonderes Vorwissen über die Warhammer Fantasy Welt benötigt man als Computer-Spieler jedoch nicht. Es genügt zu wissen, dass 25 verschiedene Fraktionen die über 50 Städte dieser Welt bevölkern, Bündnisse bilden, Handel treiben, oder sich bis aufs Blut bekämpfen. Piraten, Untote und andere treiben im Untergrund ihr Unwesen, und alle machen zusammen mit ein paar Meeresungeheuern und dem oft stürmischen Wetter das Meer unsicher, welches alles auf dieser Welt miteinander verbindet

Um eine neue Kampagne zu beginnen, wählen wir zunächst aus, ob wir als Unabhängige, oder als Anhänger der Götter des Chaos (Khorne) antreten wollen. Mehr Auswahl gibt es im Moment noch nicht. Für die nächsten Monate ist aber Nachschub geplant. Nach der Auswahl des Geschlechts, des Aussehens und der Schwierigkeitsstufe finden wir uns auch schon als Kapitän auf dem Achterdeck unseres Schiffes wieder. Wir sehen uns selbst in der 3rd Person Perspektive am Steuerrad stehen. Bewegen wir die Maus verändert sich entsprechend die Blickrichtung, immer mit uns selbst im Zentrum.
Um mit unserem Schiff an einem Hafen anzulegen, fahren wir einfach in die Nähe des Hafens und drücken die Leertaste. Kurz darauf sehen wir unseren Avatar aus der 3rd Person Perspektive in der entsprechenden Stadt wieder. In den Städten können wir Handel treiben, Crewmitglider anheuern, das Schiff aufrüsten oder reparieren lassen, gleich ein neues Schiff kaufen, Verbündete Kapitäne mitsamt ihren Schiffen anheuern, Waffen für das Schiff, oder für uns selbst handeln, in der Taverne Gerüchte über Schätze und anderes aufschnappen, und nicht zuletzt Aufträge annehmen und Belohnungen abholen. Durch abgeschlossenen Aufträge machen wir uns bei unseren Auftraggebern beliebter. Bei deren Feinden sinkt die Beliebtheit je nach Auftrag entsprechend.

Hornblower oder Sparrow?

An Spielen in denen Segelschiffe zu steuern, und in den Kampf zu führen sind, ist immer die Frage spannend, wie realitätsgetreu, und damit kompliziert die Segeldynamik im Spiel umgesetzt wird. Um es vorweg zu nehmen: Man O‘War Corsair: Naval Battles ist keine Simulation! Standardwerke wie «Seamanship in the Age of Sail» können im Regal stehen bleiben. Stattdessen leben wir unseren eigenen Roman.

Die Steuerung der Segelschiffe ist in etwa mit dem Klassiker «Sid Meyers Pirates!» vergleichbar. Mit den Tasten «A» und «D» drehen wir das Steuer, mit «W» setzen wir mehr Segel, mit «S» nehmen wir Segel weg. Der Winkel zur Windrichtung, die Stärke des Windes und die Menge an gesetzten Segeln ergeben grob die Geschwindigkeit, welche zusätzlich noch durch den Schiffstyp, dessen Zustand, die Beladung und eventuelle Rumpfverbesserungen beeinflusst wird. Über die Taste «C» können wir uns vom Schiffsmodus lösen und als Kapitän frei herumlaufen, oder wir versetzen uns in andere Personen, wie den Scharfschützen, oder den Magier, falls diese an Bord sind. Ebenso lassen sich Suchaktionen außer Bord, oder Anweisungen an eventuell vorhandene Flugwesen erteilen. Über die Taste «M» erreichen wir die zoombare Weltkarte, sowie Menüs zum Crewmanagement, dem Kapitänsmenü mit Logbuch etc. Mit «G» blicken wir durchs zoombare Fernglas. Sehr viel komplizierter wird die Bedienung des Spieles nicht. Allenfalls ein paar Tasten zur Zeitbeschleunigung, zur Auswahl der Kanonenmunition und zur persönlichen Bewaffnung werden noch häufiger benutzt. Durch diese Ausrichtung, die zwar die Simulations-Spezialisten nicht unbedingt befriedigt, wird aber immerhin erreicht, dass man mit der Steuerung des Schiffes auch im Gefecht nicht überfordert wird, und sich auf den Kampf konzentrieren kann. Ständiges Pausieren ist hier nicht nötig. Trotz aller Vereinfachung ist es jedoch wie in der Realität sehr von Vorteil sich einem Gegner von der Luvseite zu nähern, also von der Seite, aus der der Wind kommt, da man so alle Manövrieroptionen auf seiner Seite hat, und die Richtung und Geschwindigkeit der Annäherung an den Gegner vorgeben kann, denn direkt gegen den Wind anzufahren funktioniert nicht, und gegen den Wind anzukreuzen ist mühsam und langsam. Allerdings wird man hierbei auch schon mal von der Natur ausgetrickst, denn die Windrichtung kann sich mitunter ziemlich plötzlich drehen.

Darüber hinaus gibt es noch Fraktionen, deren Schiffe gar ganz andere Antriebsprinzipien nutzen als den Wind. Immerhin befinden wir uns in einer Fantasy Welt.

Die angeheuerte Besatzung setzen wir gemäß deren Fähigkeiten für verschiedene Aufgaben, wie Takelage, Instandhaltung, Kanonenbedienung, Kombüse, Schiffsarzt, Ausguck usw. ein. Die Befähigung, und die Mannstärke der eingesetzten Leute hat Auswirkungen auf die Geschwindigkeit und die Qualität der erledigten Aufgaben. Mit zunehmender Erfahrung steigen die Besatzungsmitglieder dann Stufenweise auf, können in ihren Fähigkeiten verbessert werden, und erhalten mehr und mehr individuelle Eigenschaften. Auch der Kapitän entwickelt sich im Laufe des Spieles auf diese Weise weiter.

Klar Schiff zum Gefecht!

Die Annäherung an feindliche Schiffe haben wir bereits behandelt. Kommt es dann zum Gefecht, setzen wir die Kanonen in Sichtrichtung ein, indem wir die rechte Maustaste halten, horizontal zielen, und durch Auf- oder Abbewegung die Höhe, und damit Weite des Schusses festlegen. Sind wir mit der Ausrichtung der Kanonen zufrieden, feuern wir die Salve mit einem Klick der linken Maustaste ab. Mit der Wahl der Munition können wir dabei gezielt Takelage, den Rumpf, oder die Besatzung des Gegners aufs Korn nehmen. Haben wir einen Magier angeheuert, wird dieser verschiedene Sprüche zum Einsatz bringen, um entweder dem Gegner direkt zu schaden, oder ihm mit Wetterzaubern das Manövrieren zu erschweren.
Haben wir Geld in ein Flugwesen (Greif, Pegasus, etc.) investiert, so können wir diesem Befehlen für uns Ausschau zu halten, oder feindliche Schiffe und Flugwesen anzugreifen.
Ein weiteres Mittel den Gegner dem Meeresboden näher zu bringen ist das Rammen seines Schiffes. Für diese Technik eignen sich Schiffe mit einer Rammvorrichtung am Bug, mit dem der Gegner mit höchstmöglicher Geschwindigkeit möglichst mittschiffs gerammt wird. Dies bringt den getroffenen Schiffen, je nach Rumpf massive Schäden unter der Wasserlinie bei.
Von gesunkenen Feinden bleibt vereinzelt wertvolles Treibgut übrig, welches wir einsammeln und später verkaufen können. Legen wir Wert darauf möglichst viel gegnerische Fracht unbeschädigt in die Hände zu bekommen, bietet es sich die Option des Enterns an. Dazu dezimiert man idealerweise die feindliche Besatzung mit Schrapnell-Munition, nähert sich dann dem gegnerischen Schiff auf Enterhakenreichweite, vertäut die beiden Schiffe miteinander, wofür ein Druck auf die Leertaste reicht, springt an Bord des feindlichen Schiffes und bekämpft dessen Besatzung Mann gegen Mann. Dabei kommen Nahkampfwaffen, aber auch Schusswaffen zum Einsatz. Der Kapitän selbst bleibt zunächst mit einem Gewehr bewaffnet auf seinem Achterdeck. Wurde ein Scharfschütze angeheuert, sitzt dieser im Krähennest, und versucht von dort gefährliche Gegner auszuschalten.
Natürlich können wir nicht nur selbst andere Schiffe entern, auch wir können geentert werden, oder unsere Enterangriffe zurückgeschlagen, und gekontert werden. In einem solchen Fall müssen wir nun unser Schiff, und ggf. auch unsere eigene Haut verteidigen.
Haben wir ein Schiff erobert, so können wir seine Fracht plündern. Das Schiff selbst zu behalten ist bislang jedoch noch nicht möglich.
Schiffe sind nicht das Einzige, gegen das wir im Verlaufe einer Kampagne kämpfen werden. Wir werden aggressiven Meeresungeheuern begegnen, aus deren Überresten sich wertvolle Waffen herstellen lassen, wir finden geheime Piratenstützpunkte, und können je nach eigener Gesinnung und Stärke auch Städte feindlicher Fraktionen angreifen und plündern, oder sogar restlos niederbrennen.

Was wird die Zukunft bringen?

Für die nähere Zukunft werden von Evil Twin Artworks erweiterte Kampagnen (Imperium, Bretonen, Chaos) versprochen. Außerdem soll eine 4. Schwierigkeitsstufe mit weiter erhöhter Schwierigkeit angeboten werden.

Fazit und Meinung zum Spiel

Ich bin ein Freund alter Seekriegsromane aus der Zeit um 1800. Geschichten von C.S. Forrester oder Patrick O’Brian, deren Helden durch ausgefeilte Aktionen ihre Gegner narrten, oder durch die pure Feuerkraft ihrer Schiffskanonen gegnerische Schiffe zu blutigem Kleinholz schossen. Seither suche ich nach einem Spiel, welches diese Szenarien für mich nachspielbar umsetzt. Andererseits kann ich mich auch noch gut daran erinnern, wie ich im Ladenregal das mir unbekannte Spiel «Pirates!» entdeckte, und für einen Haufen D-Mark erwarb, und an meinem heimischen Commodore Amiga darin förmlich versank. Ein Spiel, welches eher die Essenz der Zeit der Piraten in der karibischen See um 1600 transportierte, als irgendwie realistisch zu sein. Ein Spiel, in dem die Kapitäne Fechtkämpfe unter sich, stellvertretend für alle Anderen ausmachten. Da ich auch nie zuvor ein Warhammer Table-Top Spiel gespielt habe, war das, was ich also von Man O’War Corsair: Naval Battles erwartet habe, gar nicht so einfach zu definieren. Ich beschränke mich also darauf zu berichten was ich fand. Man O’War Corsair: Naval Battles fühlt sich zu meiner Überraschung für mich, trotz völlig unterschiedlicher Optik in einigen Teilen an wie ein weiterentwickeltes, blutigeres «Pirates!» mit Fantasy-Elementen, wobei die Wettereffekte, die Tag und Nachtwechsel, Enterkämpfe, verbissene Gefechte mit Meeresungeheuern, die Rufe der Mannschaft nach Treffern einer Breitseite, und der Jubel, wenn der Gegner dann endgültig abgluckert, erzeugen eine tolle Atmosphäre. Nach ca. 16 Stunden Spielzeit habe ich das Gefühl noch längst nicht alles gesehen und erlebt zu haben. Weder habe ich den größten Teil der Karte erforscht, noch habe ich in dem Teil der Welt, in dem ich aktiv war alles getan. Dabei kann ich Missionen im Spiel von verschiedenster Seite erhalten. Es handelt es sich um Kopfgeldmissionen, Begleitmissionen, Kriegerische Aktionen, Botenmissionen, Erkundungsmissionen, wie z.B. die Ursache für einen mysteriösen Nebel zu finden, in dem immer wieder Schiffe verschwinden, und diese ggf. zu bekämpfen, eine Schatzsuche, und vieles mehr handeln. Das Einzige was ich noch etwas vermisse, ist die Möglichkeit gekaperte Schiffe behalten zu können, wobei mir klar ist, dass dies die Balance im Spiel arg durcheinanderbringen kann. Es ist trotzdem möglich, dass dies eines Tages noch nachgereicht wird. Der Handel im Spiel ist eher simpler Natur. Hin und wieder gibt es Gerüchte über Knappheiten oder Hungersnöte, die man nutzen kann, aber eine ausgefeilte Wirtschaftssimulation ist im Spiel eher nicht enthalten. Für ein ganz eigenes Abenteuer sorgt übrigens meine eigene Mannschaft, wenn ich es unterlasse sie zu bezahlen. Dann hat man irgendwann eine Meuterei an Bord.
Ich werde «Man O’War Corsair: Naval Battles» definitiv weiter spielen, und bin gespannt, was mich auf der anderen Seite der Welt erwartet. Vielleicht entscheide ich mich das nächste Mal für den schwereren Modus, für noch etwas mehr Nervenkitzel.

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Gefühlte 10% der neu erscheinenden Computerspiele erhalten 90% der Aufmerksamkeit. Selbst unter Linux wird der Markt immer unübersichtlicher. Ich möchte hier unter anderem gern auf Spiele aufmerksam machen, die in meinen Augen einen genaueren Blick wert sind.

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