Wir haben uns an eine Auswertung der Linux Distributionen gewagt: Welches sind die Top 10 Linux-Distros 2016? Wie hat sich deren Beliebtheit über die Jahre hinweg verändert? Ja, es stimmt: Auch 2016 ist Ubuntu nicht führend.

Distributionen gibt es angeblich wie Sand am Meer, aber dieser Vergleich ist nicht passend: Auf Distrowatch werden momentan insgesamt «nur» 282 Linux-Distributionen gelistet – ein Strand mit derart wenig Körnern muss noch erfunden werden 😀 .

In einer dreiteiligen Artikelserie beleuchten wir die Top 10 Linux Distributionen 2016, die Trends 2017 und ehemalige Linux-Urgesteine, die heute in Vergessenheit geraten sind.

Top 10 Linux Distributionen 2016

Das sind sie: Die Top 10 Linux Distributionen 2016

Top 10 Linux Distributionen 2016 – Verlauf

Die aktuellen Top 10 im 10-Jahres-Verlauf
Linux-Distributionen ausgewertet: Die Top 10 vom Jahr 2016 mit deren Beliebtheit über 10 Jahre hinweg.
Wir haben für unsere Auswertung die Rangliste auf distrowatch.com zu Rate gezogen. Distrowatch kennt nicht die genaue Verbreitung von Linux, denn Linux hat keine «nach-Hause-telefonieren»-Funktion. Distrowatch zählt vielmehr das Interesse, welches die Besucher an einer Distribution auf ihrer Seite zeigen. Trotzdem oder eben deswegen ist Distrowatch eine gute Quelle, um die Beliebtheit von Linux-Distributionen auszuwerten.

Platz 1: Mint

Linux Mint ist seit 2011 die mit Abstand beliebteste Desktop-Distribution weltweit. Dessen Erfolg fußt auf hauptsächlich zwei Sockeln: Einerseits wird das Beste von Ubuntu wiederverwendet, andererseits hat Mint mit Cinnamon einen klassischen Desktop im Gepäck, eine Oberfläche ganz ähnlich wie man es von Windows her kennt. Damit gewann Linux Mint die Herzen enttäuschter Ubuntu-Unity User, sowie die enttäuschte Fangemeinde des Gnome Projekts, welches mit Gnome 3 (zu) grosse Veränderungen mit sich brachte und eine harte Diskussion unter den Benutzern ausgelöst hat.

Linux Mint eignet sich genau wie Ubuntu bestens zum Spielen und funktioniert generell unter allen Linux Desktop-Distributionen «Out-of-the-Box» am Besten.

Platz 2: Debian

Debian ist die beliebteste Distribution für Linux-Server, kann aber auch einige Desktop-Anwender für sich begeistern. Früher galt Debian als «immer veraltet, aber extrem stabil», was heutzutage durchaus nicht zutreffen muss: Debian gibt es in 3 Versionen, während die Stable-Edition auf den meisten privaten Webservern weltweit verwendet wird. Debian Stable erhält ungefähr im 2-Jahres-Rythmus eine neue Major Version, wobei es gibt keine festen Termine gibt. «It’s done when it’s done.»

Nach Stable gibt es Debian Testing, was sich anhört wie eine Entwicklerversion ist durchaus stabil genug. Testing enthält aktuelle Pakete die aber schon viele Tests hinter sich haben und deshalb ist Debian Testing für den Linux-Desktop geeignet. Als Schlusslicht in der Stabilitäts-Liste kommt Debian Unstable, es hat alle brandneuen Pakete, die noch nicht getestet wurden – so lohnt sich Debian Unstable eher für Entwickler.

Platz 3: Ubuntu

Ubuntu’s Beliebtheit auf dem Linux-Desktop hat in den letzten Jahren merklich Federn gelassen. Am problematischsten war die Umstellung von Gnome 2 auf den hauseigenen Unity-Desktop vor 5 Jahren, der nicht bei allen Anwendern gut ankam und heute noch zu Kritik veranlasst.

Trotzdem bleibt Ubuntu auch 2017 die vermutlich wichtigste Distribution für Privatanwender: Linux Mint, wie auch viele andere Distributionen (Zorin, Elementary) basieren darauf und nehmen das Beste von Ubuntu mit, verbessern dazu aber viele Kleinigkeiten oder verwenden einen massentauglichen Desktop. Ubuntu wird auch 2017 neben SteamOS als einzige Distribution offiziell von Steam unterstützt, auch wenn die Steam-Spiele i.d.R. ebenso mit allen anderen Linux-Distributionen gespielt werden können.

Ubuntu ist über die letzten Jahre im Server-Betrieb immer beliebter geworden, bei den Cloud-Plattformen wie zum Beispiel OpenStack zählt UbuntuServer mit zu den führenden Distributionen als Cloud-Unterboden. Das, und die Smartphone-/Tablet Branche sind Felder, in denen Ubuntu nebst dem altbewährten Desktop auch 2017 weiter expandiert.

Platz 4: OpenSUSE

OpenSUSE als Desktop-Distribution ist ganz besonders in Deutschland beliebt. Die Firma SUSE stammt aus Nürnberg und veröffentlichte ihre Distribution erstmals 1994, nur zwei Jahre nach Firmengründung. Damit zählt das SUSE-Universum mit zu den Linux-Urgesteinen.

2016 wurde OpenSuse aufgeteilt in OpenSuse Leap und OpenSuse Tumbleweed. Der große Unterschied: Tumbleweed ist eine Rolling-Release Distribution, Leap ist wie bisher in Distributionsversionen eingeteilt. Leap scheint bei den Endanwendern derzeit beliebter zu sein.

OpenSuse ist für die Firma SUSE auch eine Spielwiese für dessen Server-Distribution SUSE Linux Enterprise Server, kurz SLES. SLES findet genau wie RedHat regen Einsatz in Grossunternehmen als Linux Server-Distribution.

Platz 5: Manjaro

Manjaro gibt es erst seit 2013 und verbucht auf Anhieb eine beachtliche User-Zahl. Jetzt, Anfang 2017 ist Manjaro in den Top 5 der beliebtesten Linux-Distributionen!

Manjaro basiert auf Arch, bringt aber eigene Repositories mit und verbessert Arch, eine auf fortgeschrittene Benutzer abzielende Distribution, um einen eigenen grafischen Installer und grafische Paketverwaltungstools. Auch Manjaro ist sehr stark anpassbar wie Papa Arch-Linux, richtet sich dabei aber auch an Anfänger die mit Arch zu sehr ins kalte Wasser springen würden. Manjaro mausert sich derzeit zu einem echten Umsteiger-Tipp für Leute, denen Arch zu kompliziert ist, die aber trotzdem einmal Abseits vom Ubuntu-Universum etwas frisches ausprobieren möchten.

Platz 6: Fedora

Fedora ist – ganz ähnlich wie OpenSuse – eine Spielwiese für eine Server-Distribution, in diesem Fall RedHat bzw. dessen kostenlose Version CentOS. Fedora gilt aber auch als wegweisend beim vorantreiben neuer Linux-Technologien.

Unter Beweis gestellt hat dies Fedora 25 von 2016, welches Wayland als erste Distribution als Standard eingeführt hat. Wayland ist eine Ablösung des altgedienten X-Servers, während Ubuntu auf Mir setzten möchte – dessen offizielle Veröffentlichung aber auch 2016 ausgeblieben ist.

Platz 7: Zorin

Zorin zeigt deutlich, Linux kann ein bisschen wie Windows sein. Unter beweis stellt Zorin seine Ähnlichkeit beim Anblick des eigenen Desktops, eine angepasstes Gnome 3 ganz im Stile eines Windows 7 oder Windows 10.

Diese Ähnlichkeit ist mit der häufigste Grund, wird Zorin von vielen Windows-Umsteigern einmal ausprobiert. Einem Linux Mint kann Zorin hingegen noch nicht das Wasser reichen, es basiert aber ebenso wie Mint auch auf Ubuntu.

Platz 8: Elementary

Elementary wird auch «das schönste Linux» genannt. Die Ähnlichkeit zu einem Mac OS X ist verblüffend – und gewollt. Elementary versucht dem Endanwender ein möglichst einfaches Linux zu bieten, worin man sich kaum verklicken kann.

Leider geht dabei für verwöhnte Mint- und Ubuntuuser die Usability flöten, da an manchen Stellen zu viele Optionen weggelassen werden. Beispielsweise hatte der neuste Ableger von 2016 den Installer für PPAs & proprietäre Grafikkarten einfach entfernt – ohne eine Alternative zu bieten. Eine äußerst unverständliche Entscheidung. Die Möglichkeit PPAs oder nicht freie Grafiktreiber zu verwenden musste von Hand wieder dazu installiert werden, was sonst bei keinem Ubuntu-Abkömmling je nötig war und ist.

Trotzdem oder gerade deswegen gehörte Elementary im Jahr 2016 zu den Top 10, wer mit der extremen Vereinfachung klar kommt, wird auch 2017 auf Elementary setzen. ElementaryOS stammt von Ubuntu ab, die aktuelle Version 0.4 basiert auf Ubuntu 16.04.

Platz 9: CentOS

CentOS ist die kostenlose Version der Server-Distribution Red Hat Enterprise Linux, kurz RHEL. Die Pakete von CentOS werden mit denselben Sourcen wie RedHat frisch und eigens kompiliert, wodurch ein RedHat für kostenlos entsteht. RedHat ist marktführend bei Server-Distributionen für Firmen, also im Enterprise Umfeld.

CentOS dagegen wird bei der Linux-Community gerne eingesetzt, um von RedHat’s Expertise zu profitieren ohne Lizenzkosten bezahlen zu müssen. Dafür gibt es für CentOS selbstverständlich keinen offiziellen (kostenpflichtigen) Support seitens der amerikanischen Firma RedHat.

Platz 10: Arch

Arch Linux gibt es auch schon länger als 10 Jahre und bleibt kontinuierlich beliebt – bei fortgeschrittenen Linux-Usern. Arch ist eine Rolling-Release Distribution, wird also laufend gepatcht ohne eine Major-Version anheben zu müssen.

Arch hat eine riesige Dokumentation, die ist aber auch bitter nötig: Die Installation wird weitestgehend von Hand ohne grafischen Installer vorgenommen, dafür profitiert man von einem für sich selbst 100% angepassten System das keinen unnötigen Ballast mitbringt. Die Installation von Arch kann auch als ein interessanter Lehrgang vom Anfänger zum fortgeschrittenen Linux-Anwender angesehen werden, wenn man sich mit Linux tiefer beschäftigen möchte.

Teil #2: Neue Trends 2017

Im zweiten Folgeartikel unserer dreiteiligen Artikelserie geht es in die Zukunft: Welche frischen Distributionen werden 2017 immer beliebter?

PS: Wir wünschen euch ein fröhliches und besonders ein gesundes Jahr 2017!

ÜBERDistrowatch
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Elysium spielt seit 2012 unter Linux, aktuell mit Linux Mint 18. Beruflich bin ich im Bereich Middleware auf Linux-Server unterwegs. Für diverse Adobe Applikationen bleibt mein Dualboot Linux/Windows bestehen. Und in seltenen Fällen für DirectX only Games..

10 KOMMENTARE

  1. Eigentlich weiß jeder – außer dem Autor – dass man die Zahlen von Distrowatch nicht für Auswertungen nehmen darf. Das ist auch der Grund, warum die Seite selbst keine Rankings herausgibt und nicht von beliebtesten oder sogar besten Distros, wie in dem Artikel, spricht, sondern nur von der Anzahl der Hits auf eine ihrer Seiten (HDP = hits per day). Sorry, aber solche Auswertungen sind wertlos.

    • Die Kritik kann ich verstehen wenn man auf eine absolut exakte Auswertung besteht. Das ist bekanntlich bei Linux unmöglich.

      Dieser Umstand verbietet aber nicht den Blick auf Distrowatch, denn derart wertlos sind diese Auswertungen durchaus nicht: Wie du korrekt schreibst, entstammen diese Zahlen aus über 10 Jahren täglichen „HDP“, also tägliche Klicks über 3650 Tage. In dieser Zeitspanne lässt sich auf jeden Fall ein deutlicher Trend ablesen, und den habe ich ausgewertet. Wenn man sich die zeitlichen Entwicklungs-Ereignisse der Distribution in den letzten Jahren mit den Hits auf Distrowatch vergleicht, stimmt der abgebildete Trend wie die Faust aufs Auge.

      Vielleicht könnte man das Wort Beliebtheit auch mit Bekanntheit austauschen – aber ist das wirklich ein so großer Unterschied? Von den „besten Distros“ ist nur im Untertitel die Rede, zugegeben, hier ging es nur um begleitendes SEO.

  2. Ich finde die Auswertung völlig in Ordnung. Es gibt wenigstens einen gewissen Überblick, so falsch kann der nicht sein.

    Als Windows-Umsteiger war ich auch zuerst bei Ubuntu, jetzt arbeite ich mit Linux Mint. Dass Mint an der Spitze steht, überrascht mich nicht. Vieles ist im Detail einfach praktischer gemacht als bei Ubuntu. Nur ein Beispiel: Ich kann mit Linux Mint 18.1 einen neuen Kernel über den Update-Manager installieren (4.6, 4.8) ohne einen Dist-Upgrade (Ubuntu 16.04 – 16.10) durchführen zu müssen.

  3. @Manfred

    Auch bei Ubuntu kannst Du neue Kernel ohne ein Upgrade der Distribution installieren. Das ganze nennt sich „Hardware Enablement Stack“: https://wiki.ubuntu.com/Kernel/LTSEnablementStack

    Ansonsten bin ich persönlich Debian-Nutzer (GNOME Desktop) und sehr zufrieden damit.
    Debian Testing ist jedoch nicht einfach nur ein aktuelleres stable und sollte auch nicht als „Debian für den aktuellen Desktop“ betrachtet werden! Debian Testing ist oftmals problematischer zu benutzen als Debian unstable, was auch daran liegt, dass immer wieder häufig verwendete Pakete entfernt werden, welche noch zu instabil für die nächste stable sind (z. B. enthält „testing“ im Moment kein Krita und VirtualBox). Insofern ist der letzte Absatz zu Debian tatsächlich komplett falsch und weckt unter Umständen falsche Hoffnungen bei Lesern.
    Linux Mint Debian Edition könnte für den ein oder anderen Desktop-Nutzer evtl. interessanter sein, da dort z. B. die grafische Oberfläche Cinnamon kontinuierlich aktualisiert wird.

    Ubuntu GNOME wird von mir immer wieder dann eingesetzt, wenn es um Installationen auf Rechnern von anderen Leuten geht, da bei Debian etwas mehr Handarbeit nötig ist. Upgrades auf eine neue Version erfordern das Wissen wie man die sources.list ändert und dann ein Update über die Kommandozeile durchführt. Das ist bei Ubuntu etwas grafischer umgesetzt.
    Privat bin ich aufgrund der Firmenpolitik von Canonical (Mir, snap, Namensrechte, usw.) und der großen Instabilität von 16.04 kein großer Fan von Ubuntu bzw. darauf aufbauenden Distributionen. Leider gibt es ansonsten keine einsteigerfreundliche Debian-basierte Distribution, welche auch mit moderner UEFI-Hardware problemlos umgehen kann.

    • Interessanter Hinweis zu Debian Testing. Da drängt sich mir die Frage auf, welches Debian ist denn für den Desktop geeignet, wenn Stable zu alt ist, in Testing teilweise Pakete entfernt werden und Unstable instabil ist?

      • Meine Empfehlung wäre ein Debian stable mit Backports (https://wiki.debian.org/Backports) und evtl. weiteren externen Repositories für aktuelle Desktopprogramme, falls diese nicht in Backports zu finden sind. Alternativ die Anwendung als Flatpak (http://flatpak.org) oder/und AppImage (http://appimage.org/) installieren/nutzen. Würde ich aber nur empfehlen, sofern man die gewünschte Anwendung in keinem vertrauenswürdigen Repository findet.
        Damit hat man eine stabile Basis (Kernel + Desktop) und trotzdem aktuelle Software. Sollte man einen neueren Kernel brauchen (z. B. moderne Hardware), dann gibt’s den meist ebenfalls in den Backports.

        Alternativ kann man auch einfach versuchen mit den etwas älteren Anwendungen zurecht zu kommen, was aber natürlich nicht in jedem Bereich möglich ist (z. B. Programmierung).

        Eine weitere Möglichkeit ist eine Distribution zu wählen, welche Debian ein wenig auf den Desktop anpassen möchte (Tanglu – http://tanglu.org/ – ist ein derartiges Projekt, scheint aber leider wenig aktiv zu sein; Ubuntu ist die wohl bekanntere Alternative, allerdings relativ weit von purem Debian entfernt). Dort gibt’s dann meistens ein System auf testing/unstable Basis, bei dem allerdings vorher nochmal separate Tests gemacht worden sind, sodass die verfügbaren Pakete soweit stabil sind, dass sie installiert und weitestgehend genutzt werden können.

  4. Warum redet niemand über Deepin???

    Hab es seit einem Jahr auf meinem Multimedia Laptop welches ich nur für Medienwiedergabe nutze.

    Ubuntu basierend und optisch wesentlich schöner als Elementary

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